Renovierung 5 - Zwischenbericht zu den Baumaßnahmen an der Kirche Groß Lengden

22. März 2025

von Hanno Meenken - Projektleitung

Liebe Kirchengemeinde, 

da Sie nun seit nahezu drei Monaten keinen Gottesdienst mehr in Ihrer Kirche in Groß Lengden feiern konnten und die Kirche einen ungewöhnlichen Anblick bereitet, möchte ich Sie über den Fortschritt der Bauarbeiten informieren.

Das Mauerwerk Ihrer Kirche ist seit Jahrzenten feucht, der Putz „platzt“ ab. Die Dachdeckung war über die Jahrhunderte immer wieder undicht, es finden sich diverse Holzfäuleschäden im Dachwerk. Daher hat die Ev.-luth. Landeskirche einer Instandsetzung der Kirche zugestimmt, welche das Amt für Bau- und Kunstpflege nun – in Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem Kirchenvorstand - umsetzen darf.

Bauschäden an der Groß Lengder Kirche sind nichts Neues. Aus dem Jahr 1670 existiert ein Schreiben, in welchem beklagt wird, dass die Kirche in Groß Lengen alt und baufällig sei. Hierbei werden die Bauform und die Schäden beschrieben. Aus diesem Schreiben wissen wir, dass es eine romanische Vorgängerkirche gab, welche über einen steinernen Wehrturm und ein Kirchenschiff mit einer Gewölbedecke verfügte. Somit muss die heutige Kirche nach 1670 errichtet worden sein. Bei der Freilegung des Westgiebels wurde eine Inschrift gefunden. Hier wird das Erbauungsjahr 1686 genannt. 
 

Ein Riss im Mauerwerk und ein Materialwechsel im Dachwerk, von Fichtenholz auf Eichenholz, gaben uns weitere Rätsel auf, die mittels einer Akte aus dem Jahr 1731 gelöst werden konnten: Am 14. August 1731 schlug ein „Feuerstrahl“ in den Giebelreiter (Turm) ein. Der Giebelreiter wurde „zerschmettert“, die Orgel beschädigt, die Fenstergläser barsten und das Mauerwerk riss. Darüber hinaus finden sich in der Akte Hinweise, dass der Dachreiter einst mit Eichenschindeln behangen war. Der Dachreiter und ein Teil der Sparren wurden damals neu gerichtet, die Fenstergläser ersetzt. Finanzielle Engpässe verzögerten die Anschaffung einer neuen Orgel um Jahrzehnte, trotz großzügiger Spenden der Lengder*innen und diverser Bettelbriefe an Kirchenoberste und Adel.

In den jüngeren Akten der Nachkriegszeit lassen sich Informationen über die vorangegangenen Sanierungen finden. Auf die Produkte der Chemieindustrie wurde in den 50er bis 70er Jahren, mit dem Prädikat „Stand der Technik“, gerne und großzügig als Allheilmittel für Baudenkmale zurückgegriffen. Vorsichtig ausgedrückt darf gesagt werden, dass das Zusammenspiel von Produkten der Chemieindustrie und historischen Baumaterialien keine Erfolgsgeschichte ist und uns heute uns vor Herausforderungen stellt. Das große Erwachen gab es dann 1970. Die Kirchengemeinde und das ABK überlegten ernsthaft – ich hoffe Sie sitzen- die Kirche abzureißen. Glücklicherweise wurde sich für eine Sanierung entschieden. Bei der Sanierung wurde vieles richtig gemacht. Einiges würden wir heute anders machen. Zum Vergleich: Früher wurde ein Bänderriss genäht, heute wird er nur ruhiggestellt. Wir versuchen mit weniger Aufwand einen langfristigen Erfolg der Sanierungsmaßnahme zu gewährleisten. Dazu müssen wir aber Bauwerk und Materialität kennen. 

Um das Mauerwerk sowie dessen Fugenmaterial genauer zu bestimmen und geeignete Baustoffe für die Sanierung zu finden, haben wir mineralische Untersuchungen veranlasst. Im Mörtel der Kirche finden sich unter anderem Gips, Kalk und Schlacke. Die Funde lassen vermuten, dass der Mörtel der Vorgängerkirche wiederverwendet wurde (zermahlen und gebrannt). Vom besonderen Interesse sind die Kalkschlämmen, welche wir unter dem alten Putz gefunden haben. Im Labor wurde das ungefähre alter der Kalkschlämme bestimmt. Aufgrund der chemischen Zusammensetzung können wir sagen, dass die Kalkschlämme bauzeitlich ist und die Kirche die meiste Zeit ein geschlämmtes Erscheinungsbild hatte. Die Außenwände wurden vermutlich erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts verputzt.

Wir wollen die Kirche wieder mit einer Kalkschlämme versehen, das ursprüngliche Erscheinungsbild der Kirche wieder herstellen. In diesem Zuge wird die Eckquaderung der Kirche überarbeitet werden. 1976 wurde die Fassade saniert. Der Reinhäuser Sandstein erhielt Antragungen, also künstliche Oberflächen aus Zement mit Zuschlagsstoffen. Hier will ich mich eines Vergleichs aus der Medizin bedienen: „Die Kronen sind locker und fallen ab“. Der Reinhäuser Sandstein ist recht tonig und sandig. Die Haftung der Antragungen ist schlecht. Zudem wurden einige Steine falsch eingebaut. Ein Sandstein hat Schichten wie ein Baumkuchen. Wenn diese Schichten vertikal eingebaut sind, blättern diese ab. Daher werden wir die mürben Steine austauschen. Nicht haftende Antragungen werden entfernt. Dünne Antragungen, dessen Haftung fragwürdigt ist, sollen nicht ersetzt werden. Der alte Stein wird dann zum Vorschein kommen und ein wenig rau aussehen. Wie wir alle wissen, schlägt alte Haut bekanntlich Falten.

Im Dachwerk müssen etliche Hölzer ausgetauscht werden. Zudem hat sich der Holzwurm (Anobium punctatum) eingenistet. Wir wägen noch ab, wie wir den Holzwurm am effektivsten bekämpfen. Dazu im nächsten Bericht mehr.  Über die Dacheindeckung, die Sanierung des Giebeldachreiters und der Bekrönung werde ich Sie im nächsten Bericht informieren.

Ich möchte mich bei Martina Stietenroth, Lutz Heinke und dem restlichen Kirchenvorstand für die großartige Kommunikation und dessen Einsatz bedanken.

Mit freundlichen Grüßen

Hanno Meenken

M.A. Architektur

Hier einige weitere illustrierende Fotos