Wie halten Sie, wie hältst du es mit Karfreitag?

19. April 2025
Cross (Foto: Michael Haderer auf Pixabay)
Cross (Foto: Michael Haderer auf Pixabay)

„Das ist doch üblicherweise ein etwas gruseliger Gottesdienst“, so ein Besucher im Anschluss an unseren Gottesdienst. Anstrengend, aufwühlend ist er allemal, weshalb er zu den Gottesdiensten gehört, die ich üblicherweise eher meide. In diesem Jahr habe ich mich überwunden und wurde, ja, ich kann es nicht anders sagen: angenehm überrascht von den Impulsen, die sich mit diesem Tag verbinden lassen.

Das feuchte, kühle Wetter machte die Idee des „Open Air im Garten“ zunichte, doch hatten unsichtbare gute Geister (vielen Dank!!!) in dem eher trüben Raum im Groß Lengdener Pfarrhaus ein stimmungsvolles Ambiente gezaubert. Und der Blick aus dem Fenster in die großen Bäume, das hatte auch etwas. Musikalisch wurde der Gottesdienst wunderbar begleitet von Kreiskantorin Gabriele Renneberg, nicht nur am Klavier, auch stimmlich ein wahrer Genuss.

Lesung und Predigt nahmen den letzten Tag Jesu in den Blick. „Weshalb musste Jesus für mich, für uns sterben? Ein Mensch, der so friedlich gelebt und so vielen geholfen hat?“, Prädikantin Ilona Raupach sprach die Herausforderung offen an, die mit diesem Tag verbunden ist. Aber wer sei sie schon, um die Gedanken Gottes zu interpretieren? Wir können es nicht wissen. Aber wir können Gelassenheit von Jesus lernen. Sein „es ist vollbracht“ zeige uns, dass er gewusst habe, was ihn erwartet, gibt Ilona Raupach zu bedenken. Ihre Ausführungen erinnern mich an ein berühmtes Gelassenheitsgebet: Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Kruzifix (Foto: Jens Schulze)
Kruzifix (Foto: Jens Schulze)

Ergänzt wurde das Zusammenspiel aus Lesung und Predigt durch das Lied „Zwischen Himmel und Erde“ von Albert Frey, das Mika und Jette von den Rockies gefühlvoll und berührend vortrugen, am Klavier gewohnt souverän von ihrer Chorleiterin Karina Kücking begleitet. Das Lied beschreibt den Kampf zwischen Licht und Finsternis, aber auch die Verbindung, die Jesus am Kreuz zwischen Himmel und Erde bedeutet. Die innere Spannung bzw. das Gefühl der Zerrissenheit gehören also zum Glauben dazu, dürfen ausgehalten werden. Ebenso die damit verbundenen Schwierigkeiten, die wir oft genug erleben, wenn wir nach Spiritualität streben und doch in den säkularen Herausforderungen gefangen bleiben, uns in der besungenen „Zwischenzeit“ befinden. Jesus am Kreuz ist Brücke und Weg zugleich über und durch diese Zwischenzeit, in der wir uns allein und so schmerzlich anders fühlen.

Immer wieder war Raum für Stille, in der die Worte nachklangen, bevor der Gottesdienst mit einem gemeinsamen Abendmahl endete, für das wir einen großen Kreis bildeten. Hier entstand ein tröstendes Gefühl der Gemeinschaft: mit meinen Irritationen, Zweifeln und Fragen bin ich nicht allein, ich bin aufgehoben in diesem Kreis. Ilona Raupach entließ uns in die Stille des Tages, schweigend verließen wir den Raum. Die dichte Stille dieser Zusammenkunft hatte etwas fast Klösterliches und wirkte den Tag über wohltuend in mir nach.

Also, wie halten Sie es, wie hältst du es mit Karfreitag? Für mich ein Tag voller Herausforderungen, aber auch voller Trost. Dieser Tag der kollektiven Stille, an dem alles gesellschaftliche Treiben ruht, ist für mich ein großes Geschenk, vor allem in diesen hektischen, belastenden Zeiten. Und umso mehr, wenn es mit der im Gottesdienst erlebten Gemeinschaft verbunden ist.

Silke Inselmann